Die ersten Recherchen zur Erforschung der Hintergründe geburtshilflicher Wissensvermittlung in den letzten Jahrhunderten im deutschsprachigen Raum begannen 1980 nach der Geburt meiner Tochter. Ich wollte wissen, auf welchem Fundament die heutige geburtshilfliche Lehrmeinung und ihr Erfahrungswissen stehen. Schnell wurde deutlich von wie vielen Modeerscheinung und Kämpfen um die Deutungshoheit am Geburtsbett die Fachliteratur durchsetzt war und bis heute ist.
Die guten Ergebnisse, die tradiertes geburtshilfliches Handwerk abbilden, stützen sich aber stets auf Fakten und gesicherte Erkenntnisse – damals wie heute. Damit grenzen sie sich deutlich von widersinnig anmutenden Unstimmigkeiten, Fehlinterpretationen und wenig aufeinander abgestimmten Schritten in modisch dominierten Lehrmeinungen ab, die prinzipiell für jede politische und gesellschaftliche Ausrichtung funktionalisierbar gemacht wurden und werden.
Die Schulungen zum Erhalt dieses Wissens nahmen 2004 – nach einer Zeit höchst intensiver praktischer und theoretischer Auseinandersetzungen mit den Lehren der Hebammen- und Entbindungskunst und nach einer zehnjährigen Vorbereitungszeit im Herzen Europas, in Prag – ihren Anfang. Gefördert mit Mitteln der Europäischen Union und in Zusammenarbeit mit Porodní dům U čápa, der 1. Medizinischen Fakultät der Karlsuniversität und Geburtshilflichen Klinik des Allgemeinen Universitätsklinikums in Prag sowie einer großen Geburtsklinik in Prag (U Apolináře) begann der Aufbau eines Curriculums für Hebammen und MedizinerInnen aus der Praxis und für die Praxis. Um diese Entwicklung der geburtshilflichen Unterrichtung zum Nutzen der Hausgeburtshebammen und den ihnen anvertrauten Müttern und Kindern auch in Deutschland zu etablieren, wurde ich Gründungsmitglied des Deutschen Fachverbandes für Hausgeburtshilfe e.V. (DFH) und schulte dort acht Jahre lang – aus dem weiten Feld der Traditionellen Lehre der Hebammen- und Entbindungskunst – das speziell für diese Berufsgruppe extrahierte Wissen, welches nur für diesen Verband 2012 als traditionelle Hebammenkunst (THK) geschützt wurde. Dieses Projekt lief 2016 aus und seither kümmern wir uns – als kleines Team von Wissenschaftlerinnen und in Zeiten der Auflösung vieler Archive und Antiquariate – intensiv um den Erhalt der Primärliteratur zur Traditionelle Lehre der Hebammen- und Entbindungskunst und haben uns der Wissensvermittlung im Original verschrieben.